Türchen 18
die Überleitung von gestern – Türchen 17 – kursiv…
…Da stand Oma und summte “Alle Jahre wieder…” während sie mit einem Nudelholz einen Batzen Teig im Mehlteppich auf dem großen Holztisch ausrollte. Der Ofen brummte die Bassstimme zum Gesang von Oma und warmer Plätzchendampf legte sich auf Hennis Haut.
Aber was war das? Eine kleine Hand rollte ihr eine Orange entgegen und hinter der Tischplatte sah sie zuerst einen Scheitel, dann eine Stirn und schließlich zwei wache Äuglein und eine Stupsnase auftauchen.
“Henni, du kommst gerade richtig”, sagte das Mädchen mit Glockenstimme.
Türchen 18
Keine Frage, Das kleine Mädchen vor ihr war sie selbst! Henni im Kleinformat. Beim Erklimmen der Leiter hatte sie es ja schon bemerkt, die Falten waren nach und nach verschwunden, mit jeder Stufe war sie jünger geworden. Sie war verwirrt und gleichzeitig tief berührt, ihr eigenes Ich auf Kindesbeinen vor sich zu sehen. Und dazu noch ihre geliebte Oma! Wie hatte sie sie all die Jahre vermisst. Oma, das bedeutete zuhause, Wärme, Liebe.
Mit den Beiden kamen ihre Erinnerungen und die damit verbundenen, warmen Gefühle wieder hoch. Sie schloss die Augen. War es nur ein Traum? Konnte das Wirklichkeit sein? Sie atmete tief durch, einmal, zweimal. Sie hielt inne. Sie zwickte sich in den Arm. Autsch! Dann schlug sie ihre Augen wieder auf.
Die Situation war unverändert. Ihre Oma und sie als kleines Mädchen. Ganz deutlich vor ihr. Noch voller Neugier und Freude, dem Leben vollkommen zugewandt. Mit der Unbeschwertheit eines Kindes und einem seligen Lächeln auf den Lippen. Was hatte das alles nur zu bedeuten… die Frau am Bus, die Leiter auf der anderen Seite, ihr todesmutiger Sprung, und jetzt dies. Auf jeden Fall fühlte sie sich in diesem Moment sehr beschützt und geborgen.
Hier gehts morgen weiter!